Regie
Einleitung
Es ist gar nicht so einfach zu beschreiben, was
Regie überhaupt ist. Vor allem deshalb, weil sie sich nicht so klar von
den anderen Disziplinen des Filmemachens abgrenzen läßt. Denn die
Hauptaufgabe der Regie ist, alle diese Teilbereiche miteinander in Einklang zu
bringen, so daß ein funktionierendes Ganzes entsteht. Unter
"funktionieren" versteht man in diesem Fall die Erreichung der
bestmöglichsten Wirkung des Werks auf die Zuschauer. Wie diese aussehen
soll, ist von dessen Zielen abhängig. Bei den meisten Filmen oder Serien
sind diese Ziele allerdings weitgehend gleich, Unterschiede liegen lediglich
in der Gewichtung der Ziele. Im folgenden die wichtigsten von ihnen. Einige
davon sind sicherlich trivial:
- Die gesamte äußere Form soll mehr oder weniger ästhetisch
bzw. realistisch wirken, je nachdem wie der Film gedacht ist. Der Regisseur
hat hier nicht viel zu tun, aber im allgemeinen stellt er bestimmte
Wünsche an seine Mitarbeiter oder legt sein Veto ein, wenn er unzufrieden
ist. Zwei offensichtliche Anforderungen für
WMT-Serien sind die realitätsnähen
Hintergründe und das typische, aber der Vorlage trotzdem gerecht werdende
Charakter-Design. (Oder was würdet Ihr zu einer "Anne mit den
blonden Haaren" sagen?)
- Die Zuschauer müssen natürlich wissen, was geschieht. Handlung
als solches kann man im großen und im kleinen Maßstab betrachten.
Und gerade im Detail ist der Regisseur am aktivsten. Den vom Drehbuch grob
vorgegebenen Handlungsrahmen versucht er, möglichst effektiv in Szene zu
setzen. Dabei spielen unter anderem Bewegungsabläufe, Kameraperspektiven
und der Schnitt eine Rolle, also eine Menge wichtiger Dinge. Ich werde mich
auf den folgenden Seiten hauptsächlich mit diesem Punkt befassen.
- Viel wichtiger als das Aussehen der Figuren ist, wie sie von
innen aussehen. Dabei sind sowohl der Charakter als auch das
Gefühlsleben wichtig. Wie ausdrucksstark Gefühle vermittelt werden,
hängt vom Talent der Schauspieler bzw. im Zeichentrick dem der Animatoren
ab. Der Charakter der Figuren drückt sich durch ihre Reaktionen auf
Ereignisse aus und sind größtenteils im Drehbuch beschrieben. Aber
gerade hier wird die Bedeutung der Regie oft übersehen. Denn die Mimik
und Gestik muß ja erst vorgeschrieben, und die Reaktionen ins rechte
Bild gesetzt werden.
- Unter Umständen will man mit einem Film eine bestimmte Botschaft
übermitteln, oder sogar mehrere, mit der man die Zuschauer dazu
auffordert, über etwas nachzudenken. Das kann auf eine gewisse
schleichende Weise geschehen, oder aber durch Schlüsselszenen oder
-dialoge. Einige bekannte Anime-Regisseure wie Hayao Miyazaki oder Hideaki
Anno von Studio Gainax legen großes Gewicht auf diesen Punkt. Auch in
dieser Serie werden solche Botschaften übermittelt, sie sind aber eher
eine Sache des Drehbuchs. Symbolträchtige Bilder findet man selten, aber
es gibt sie doch ab und zu.
- Und das wichtigste zum Schluß: will das ganze nicht zur trockenen
Charakterstudie geraten, müssen die Emotionen der Zuschauer mobilisiert
werden. Was wäre ein Krimi ohne Spannung oder eine Komödie ohne
Witz? Worauf es in einem Drama wie hier ankommt, ist vor allem das
Gefühl, dabei zu sein.
Der Regisseur und der Drehbuchautor können unmöglich all diese
Arbeit alleine schaffen, deshalb sind sie auf die Unterstützung nicht
minder wichtiger Mitarbeiter angewiesen. An "Die kleine Prinzessin
Sara" waren etwa unter anderem noch ein Kameramann, ein Layouter, ein
künstlerischer Leiter (was immer das ist) und drei Animationsregisseure
beteiligt. Ich werde aber jetzt nicht genau darlegen, wer genau was macht,
sondern allgemein an die Sache herangehen. Daß die Regie-Arbeit eine
große Kunst sein kann, und ganz besonders in dieser Serie, versuchen die
folgenden Seiten zu demonstrieren.
Die Reise beginnt mit einigen
einführenden Beispielen und führt
von dort aus weiter, aber zur besseren Übersicht habe ich noch ein
kleines Inhaltsverzeichnis der einzelnen Stationen beigesteuert.
Zurück zur Hauptseite
Taro Rehrl
(e-mail), 1998-09-20, 2002-08-17